Die jüdische Gemeinde Laupheim und ihre Zerstörung
Gedenkbuch Seiten 398 - 400
Kapellenstraße 56
DR . ANTJE
KÖHLERSCHMIDT
Heinrich Obernauer, geb. 29.12.1853 in Laupheim, gest. 9.10.1936 in Laupheim, [OO Dorlina, geb. Lövinger, geb. am 20.12.1861, gest. 3.11.1929 in Laupheim],
[– Julius Obernauer, geb. 24.6.1884 in Laupheim, gest. 14.11.1887 in Laupheim],
[– Bella Obernauer, geb. 5.7.1887 in Laupheim, gest. 6.11.1887 in Laupheim],
[– Frida, verh. Adler, geb. 25.9.1888 in Laupheim, gest. 6.6.1956 in Ulm-Söflingen],
– Paula Obernauer, geb. 8.2.1890 in Laupheim OO Julius Adler, geb. 17.10.1882 in Laupheim
Emigration der Familie Adler am 1.9.1938 nach New York/USA.,
[– Betty, verheiratete Brumlik, geb. 30.1.1893 in Laupheim, ermordet in Auschwitz],
[– Josef Obernauer, geb. 25.9.1895 in Laupheim]
Obwohl hier
im
vorangegangenen
Kasten
zur
engeren
Familie
neun
Personen aufgeführt
sind, lebten im
Jahr 1933,
dem Stichjahr
des
Gedenkbuches,
nur noch der 80jährige Heinrich
Obernauer und
seine
Tochter
Paula
mit ihrer
Familie,
die im
Buch
unter
Julius Adler
dargestellt ist, in
Laupheim.
Als
zehntes der
elf
Kinder
von
Israel
Herzel Obernauer (1806–1884) und
seiner ersten
Frau
Dina, geborene
Hirsch (1819–1855),
wurde Heinrich
Obernauer am 29.
Dezember
1853 geboren. Seine Mutter
starb einen Monat nach
der Geburt ihres
elften Kindes
am 2.
Oktober 1855
im
Alter
von nur
36 Jahren. Sein
Vater
heiratete am
17. März
1856
bereits
ein
zweites
Mal, nämlich Juditha, geborene
Mayer,
sicher auch
um
seine
zum
Teil
noch sehr
kleinen
Kinder aus
erster
Ehe in
guter Obhut zu
wissen.
Der Sohn aus
zweiter
Ehe,
Israel
Obernauer,
der am
17. Januar 1857
geboren wurde,
ist der
Vater
von Max,
Heinrich und
Wilhelm Obernauer,
die hier im
Gedenkbuch
in
biografischen Abrissen vorgestellt
werden.
Heinrich Obernauer wuchs
in
Laupheim
auf und wohnte zeit
seines
Lebens in der
Kapellenstraße, erst
im
Elternhaus
Nummer 56
und dann
im
eigenen
Haus mit der
Nummer 52.
Er selbst
betätigte
sich wie so viele
jüdische
Laupheimer
als Händler,
wofür, war
nicht in
Erfahrung
zu
bringen. Am 3.
September
1883 hatte er
Dorlina
Lövinger,
die
ebenfalls
hier geboren
und
aufgewachsen war,
geheira- tet. Das
Paar
bekam sechs
Kinder.
Ihre beiden
erstgeborenen verloren sie
kurz
hintereinander
im Jahr
1887. So
starb Bella
am 6.
November
1887 im
Alter
von vier
Monaten und
ihr
Brüderchen
Julius acht Tage
später
im
Alter
von knapp
3½ Jahren. Die
Todesursache
ist nicht
bekannt, jedoch
liegt die
Vermutung
nahe, dass beide dem
gleichen
Krankheitserreger zum Opfer
gefallen
sind.
Ihre
anderen
vier
Kinder,
Frida,
Paula, Betty
und
Joseph, erreichten das
Erwachsenenalter.
Als
erste
der Töchter heiratete
Paula
Obernauer am
3. Mai 1912 den
Pferde-,
Vieh- und
Fleischhändler
Julius Adler
aus
Laupheim,
mit dem sie
drei Kinder
hatte. Ihnen
gelang es,
am 1.
September
1938
nach
New
York
in
die
USA zu emigrieren.
An
dieser
Stelle sei
auf den
Artikel
des Gedenkbuches
unter Julius
Adler
verwiesen.
Ein Jahr
später
ehelichte
Frida
Obernauer
Isaak Adler aus Ulm, wohin
sie mit ihm
ging. Auch
nach dem
Krieg lebte
sie wohl
dort, denn
im
Laupheimer Standesamtsregister
ist ihr
Tod
am 6.
Juni 1956
in
Ulm-Söflingen
angegeben, doch
mehr ist
nicht bekannt.
Betty Obernauer,
die als
einzige der
Familie auf
einem
Foto der Tanzkränzchengesellschaft
von 1911
zu finden
war,
heiratete
am 8. Mai
1921 Otto
Brumlik, wohnhaft
in Ulm,
wohin auch sie zog. Das
„Gedenkbuch.
Opfer der
Verfolgung der Juden
unter nationalsozialistischer
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933–1945.“,
Bundesarchiv,
Koblenz 1986,
führt
Betty
Brumlik, geb. Obernauer,
als Deportierte auf,
die im
Vernichtungslager
Auschwitz
ermordet wurde.
Ihr
Mann
Otto
Brumlik
wurde
der gleichen
Quelle zufolge
am
20.
November 1942
nach
Betty
Obernauer,
Adolf
Scheffold
und Josefine
Speth (v.
l.) 1911 beim Tanzkränzchen
im
„Kronprinzen“.
(Foto:
Braun,
Alt-Laupheimer
Bilderbogen,
1988,
S. 120)
Der einzige
Sohn Josef
Obernauer,
der als
Handelsmann
tätig war,
rückte am 30.
April 1915
in die
Württembergische
Sanitätskompanie 522 in
Ludwigsburg
ein
und
wurde
als Fahrer
eingesetzt. Wie viele langjährig dienende
Soldaten war er
an
zahlreichen
Schlachten des
Ersten
Weltkriegs beteiligt. Zu
den von
ihm im
„Verzeichnis von Kriegsteilnehmern
der
israelitischen
Gemeinde
Laupheim“ selbst
benannten
gehörten die erste Schlacht
an der
Somme, der
Rückzug bei
Arras, Bellecourt
und die
Monchy-Offensive,
die
Flandern-Offensive
bis St. Quentin, die
Schlacht
in
Flandern, der
Vormarsch
an der
Somme,
im
Sommer
1918 die Schlacht an
der Somme
bei Albert,
die Offensive
bei Douai,
im Oktober
bei Arras, Ende
Oktober wieder
bei Douai und
dann Rückzug
bis zum
Waffenstillstand.
Mit dem Eiser- nen Kreuz II. Klasse
und dem
Verdienstkreuz
ausgezeichnet
kehrte er in seine
Heimatstadt
Laupheim
zurück und
wohnte
im Haus des Vaters
in der
Kapellenstraße
52. Im
Mai 1927
zog der ledige Handelsmann
Josef Obernauer nach Ulm um,
wo sich
seine
Spur verliert.
Im
„Laupheimer
Verkündiger“
vom 4.
Nov. 1929
gab Heinrich Obernauer den
Tod
seiner
Frau Dorline,
geborene Lövinger,
be- kannt. Um knapp
sieben Jahre überlebte
er seine Ehefrau.
So erlebte er noch
die ersten
Jahre der nationalsozialistischen
Herrschaft,
die zunehmende
Ausgrenzung
und
Diskriminierung der
jüdischen Deutschen. Im
Alter von 83 Jahren
starb er
am 6. Oktober
1936 in
Laupheim
und wurde im
Grab seiner
Frau
auf dem jüdischen Friedhof
beigesetzt. Sein Haus wurde
von seinen
Erben 1937 an
den
Fahrradhändler Hans
Rommel verkauft.
Quellen:
Adreß-
und
Geschäfts-Handbuch
für die
Oberamtstadt und die
Bezirksgemeinden
Laupheim.
München
1925.
Braun,
Josef:
Alt-Laupheimer Bilderbogen.
Weißenhorn
1988.
S.
119–120.
Gedenkbuch.
Opfer der
Verfolgung der
Juden
unter
nationalsozialistischer
Gewaltherrschaft in Deutschland
1933–1945.
Bundesarchiv,
Koblenz
1986.
Hüttenmeister,
Nathanja:
Der
Jüdische
Friedhof
Laupheim.
Laupheim
1998. S.
352 u.
502. Laupheimer
Verkündiger
vom 4.11.1929.
Stadtarchiv Laupheim
FL 9811
- 9899.
Standesamt Laupheim.
Familienregisterband
V.
S.
215.
Weil,
Jonas:
Verzeichnis
von Kriegsteilnehmern
der
israelitischen Gemeinde
Laupheim.
Laupheim
1919.
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