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Die jüdische Gemeinde Laupheim und ihre Zerstörung

 

Die Geleitworte

 

Zum Geleit

Die Herausgabe dieses Gedenkbuchs, erstellt von einem Team ehrenamtlich tätiger Mitglieder unserer Gesellschaft für Geschichte und Gedenken (GGG), ist trotz des traurigen zeitlichen Zusammenfallens mit dem 70. Jahrestag der Reichspogromnacht ein Glücksfall für die Laupheimer Lokalgeschichte: Kurz vor dem Verschwinden der letzten Zeitzeugen ist es gelungen, allen jüdischen Laupheimer Einzel- und Familienschicksalen aus dem Jahre 1933 noch ein bleibendes Gesicht zu geben, als Mahnung für die Zukunft und als Versuch eines Beitrags zur Wiedergutmachung des an ihnen verübten Unrechts.

Ein weiterer Glücksfall ist, dass erstmals in unserer Lokalgeschichte nicht ein einzelner Historiker aus beruflichem oder persönlichem Interesse tätig war, sondern dass sich eine Gruppe zu einem Arbeitsteam zusammengefunden hat, das unter der Leitung der beiden Historiker Dr. Antje Köhlerschmidt und Karl Neidlinger sechs Jahre lang „am Ball geblieben ist, um ein fast 600 Seiten umfassendes Werk zu erstellen. Diese Gemeinschaftsarbeit bietet sich als ein bleibendes Nachschlagewerk an und stellt gleichzeitig ein wichtiges Kompendium für weiterführende Untersuchungen dar.

Unsere GGG kann mit diesem im doppelten Sinne gewichtigen Buch unterstreichen, worum es ihr seit ihrer Gründung vorrangig geht, und was sie auch in ihrer Namensgebung ausdrücken will: Sie möchte Geschichte begreiflich machen durch die konkrete Geschichte im Schicksal einzelner Menschen, will diese in unserer Stadt am Beispiel der wechselvollen Beziehungen zwischen Christen und Juden verankern und will zugleich das Gedenken an die ausgelöschte jüdische Bevölkerung in ehrender Anerkennung aufrecht erhalten.

Allen, die dieses Projekt ermöglicht haben, den Herausgebern und Autoren, der Stadt Laupheim und den Oberschwäbischen Elektrizitätswerken als Unterstützer und auch denjenigen, die bei der Materialbeschaffung und der Herstellung dieses Werkes mitgewirkt haben, dankt dieGesellschaft für Geschichte und Gedenkenganz herzlich.

Möge das Werk im öffentlichen Bewusstsein unserer Stadt und in unseren Herzen Spuren hinterlassen.

 

Laupheim, im September 2008

 

Elisabeth Lincke

Vorsitzende der Gesellschaft für Geschichte und Gedenken

 

Geleitwort von Ernest L. Bergman († 15.08.2020)

Im Jahr 1936 verließ ich mit vierzehn Jahren Laupheim und kam zum ersten Mal wieder 1958 aus den USA zu Besuch. Ich fand noch den jüdischen Friedhof, aber keine lebende jüdische Person, und als ich so durch die Stadt meiner Kindheit wanderte, ein wenig in Sehnsucht nach der Vergangenheit, wurde mir schmerzhaft klar, wie viele Geschäfte verschwunden und wie viele Namen nach 22 Jahren schon in Vergessenheit geraten waren.

Am Marktplatz stehend schaute ich die Mittelstraße hinunter und sah im Geist das Weißwarengeschäft Hofheimer und gegenüber die Kleiderfabrik Heumann. Den Marktplatz hinauf die Tabakwarenhandlung Einstein/Pauson und weiter oben das Schuhhaus Heumann und die Bank Heumann, oben auf dem Berg das Schloss Großlaupheim im Besitz der Familie Steiner.

Dann die Kapellenstraße hinaus mit einem eindrucksvollen Anfang rechts: das Warenhaus Einstein. Gegenüber die Gerberei Steiner mit den Lohgruben, weiter oben dann das Gasthaus „Zum Ochsen“, im Besitz der Wirtsfamilie Sänger. Schräg gegenüber das große Laupheimer-Haus, in dem die traditionelle Metzgerei und das Schuhhaus Grab beheimatet waren.

Dann die Kurz-Kommanditgesellschaft, die Kleiderhandlung Bach und das Kolonialwarengeschäft Adler. Die Steiner-Häuser und das Hopfenmagazin-Areal auf der andern Seite, gefolgt von Haus und Ställen des Viehhändlers Nördlinger, die Textilwarenhandlung Wallach und, weiter draußen, wieder auf der anderen Seite, das „Lädele“ der Geschwister Kirschbaum, der Pferdehändler Kahn und die Wirtschaft „Zum Kronprinzen“, das Hopfenmagazin Löwenthal auf der anderen Seite.

Auch in den Seitenstraßen war viel jüdisches Leben. An der Bronner Straße 3, wo ich aufwuchs, stand noch das Wohnhaus von Gerber Steiner mit Stall und Stadel dahinter. Gegenüber lebte der Viehhändler Nathan, auf der anderen Seite befand sich die einstige jüdische Wirtschaft „Zur Sonne“ mit dem Synagogenplatz und dem jüdischen Gemeindehaus gegenüber, weiter oben der Viehhändler Adler, der jüdische Fiedhof und dann vor dem Bronner Berg der Viehhändler Stern.

Den Judenberg hinauf lebte rechts der Seifensieder Heilbronner, gegenüber der Geflügelhändler und Matzenbäcker Weiler, dann kam die Metzgerei Laupheimer, das jüdische Leichenhaus, der Eingang zum Friedhof und hinter dem Friedhof die ehemaligen Judenäcker.An der Radstraße befand sich die Volksbank Heumann, die jüdische Volksschule und gegenüber das Bergmann-Haus, wo auch der Rauchwarenhändler Obernauer wohnte und dahinter das große Haarfabrik-Areal. Die Nachbarn waren Viehhändler Friedberger und das Öl- und Schmierwarengeschäft von Jonas Weil an der Kreuzung zur Gartenstraße. Weiter draußen an der Rottum lag die Steinersche Laupheimer Werkzeugfabrik .

Seit diesem ersten Besuch sind weitere 50 Jahre vergangen und noch viel mehr hat sich verändert. Alte Gebäude wurden renoviert oder abgerissen und neue ent- standen. Die Judenäcker sind ganz überbaut, aber der sehr schöne alte jüdische Friedhof existiert noch dank Ernst Schäll und seinen freiwilligen Mitarbeitern und auch die Höhenanlage gedeiht: Sie ist die Frucht von Max Bergmanns großem Einsatz in der Kommunalpolitik.Die ehemaligen jüdischen Mitbürger von Laupheim sind nicht vergessen, und man erinnert sich immer stärker an sie. Es gibt in Laupheim heute eine Bergmann- und eine Steinerstraße, einen Carl-Laemmle- und einen Friedrich-Adler-Weg. Die großen Schulen der Stadt sind nach diesen beiden Männern benannt. Gretel Bergmann ist in den Sportanlagen im Herrenmahd verewigt und viele Gedenktafeln mit jüdischen Namen finden sich in der Stadt. Auch das sehr durchdachte, historische und lehrreiche Museum für Christen und Juden im alten Schloss Laupheim ist entstanden, das über das friedliche Zusammenleben von allen Mitbürgern über mehrere Jahrhunderte berichtet und viele persönliche Dokumente dieser Familien beherbergt.

Die politische Gemeinde Laupheim ist bedacht darauf, die Vergangenheit nicht zu vergessen. Die sehr aktive Gesellschaft für Geschichte und Gedenken sowie neuestens der Verein Freundeskreis des Museums zur Geschichte von Christen und Juden in Laupheim haben beide in ihrer Satzung das Gedenken an die jüdische Geschichte von Laupheim verankert.

Schon viel wurde über die jüdischen Mitbürger, deren Anwesenheit in und Solidarität mit der Stadt Laupheim geschrieben. Es ist überaus anerkennenswert, dass sich die Autoren dieses Buches darauf eingelassen haben, ein einzigartiges neues Buch über alle ehemaligen jüdischen Familien von Laupheim zu schreiben. Es muss sicher sehr schwierig gewesen sein, denn es sind ja nur noch sehr wenige am Leben, die heute noch etwas über diese ehemaligen Mitbürger wissen. Es kam sozusagen in letzter Minute! Das Stichjahr 1933 ist der Ausgangspunkt, als immerhin noch etwa 250 jüdische Mitbürger hier wohnten. In diesem Jahr begann die deutsche Katastrophe. Danach gelang es manchem auszuwandern und die Nachkommen sind heute auf der ganzen Welt zerstreut, sprechen andere Sprachen und manche änderten den Namen. Über hundert ehemalige Mitbürger erlitten aber das Schicksal der Deportation und sie sahen leider nie wieder die Heimat. All diese Schicksale beschreibt dieses Buch, an sie alle möchte es erinnern. Ich wünsche ihm eine große Leserschaft!

 

9. Januar 2008

Ernest L. Bergman (Ernst Leopold Bergmann) Professor emeritus

State College, Pennsylvania, USA

 

 

 Übersetzung des laupheimer Gedenkbuches

Das Gedenkbuch zur Geschichte der laupheimer jüdischen Familien wurde bereits im Jahr 2008 mit einer Auflage von 800 Exemplaren auf den Markt gebracht. Die Nachfrage nach dem 600 Seiten starken Buch war sehr groß, so dass das Buch bereits 2012 ausverkauft war. Die Vorstandschaft der GGG hatte sich dazu entschlossen, das Buch erneut drucken zu lassen. Im Jahr 2013 wurden nochmals 100 Exemplare gedruckt. Seither wird nun das Buch über den Buchhandel und von der GGG wieder angeboten.

Die Vorstandschaft und die Autoren hatten sich dann weiter dazu entschlossen das Buch online zugänglich zu machen. Seit Frühjahr 2014 ist nun das Buch auch über die Internetseite www.gedenk-buch.de oder www.gedenkbuch-laupheim.de zugänglich. Hier kann über eine Auswahlseite aus den 100 Kapiteln ausgewählt werden. Die Kapitel enthalten die selben Texte und Bilder wie im gedruckten Buch. An einer kapitelübergreifenden Verlinkung einzelner Personen, Orte und Begriffe wird noch gearbeitet.

Einige der Nachkommen aus der ehemaligen jüdischen Gemeinde sprechen und verstehen kein deutsch mehr. Für viele Familien, welche die Flucht geschafft haben, ist das englisch sprachige Ausland und Israel zur Heimat geworden. In den letzten Jahren wurde vermehrt beobachtet, dass gerade die jüngste Generation wieder die Wurzeln ihrer Familie sucht. So ist es auch in den letzten Jahren zu einigen Kontakten in den USA und Israel gekommen, wo eben diese junge Generation den Kontakt nach Deutschland sucht. Auf diesem Weg konnten auch wieder Familienzweige und alte Familienfreundschaften vermittelt werden.

Im Zeitalter der modernen Medien führt auf der Suche nach der eigenen Familie kein Weg am Internet und deren Suchmaschinen vorbei. So ist es nun eben möglich, mit wenigen Begriffen oder Namen die Geschichte der eigenen Familie im Internet über unsere Seite des Gedenkbuches zu finden.

Parallel zu der deutschen Seite des Gedenkbuches, ist nun seit Herbst 2014 auch eine englisch sprachige Version online. Diese englische Seite befindet sich im Aufbau. Die meisten Texte sind noch in deutsch eingestellt, wobei die Überschrift und das Layout bereits auf die englische Sprache umgestellt sind.

Die Übersetzungen in die englische Sprache sind sehr anspruchsvoll und werden meist von Übersetztern mit englisch als Muttersprache oder sehr versierten englisch Kenntnissen vorgenommen. Zum Abschluss werden die Texte von einem unserer zwei Lektoren noch geprüft.

Die Übersetzer arbeiten alle ehrenamtlich und leisten mit Ihrer Arbeit beträchtliches. Denn diese Übersetzungen werden über Jahrzehnte Bestand haben und die Geschichte der ehemaligen jüdischen Gemeinde nachhaltig konservieren.

Es ist zudem sehr erfreulich, dass sich Laupheimer Bürger, welche seit Jahren bzw. Jahrzehnten im Ausland leben, sich dazu bereit erklärten, Texte zu übersetzten. Und es werden von diesen ehrenamtlichen Übersetztern noch weitere Übersetzter aus dem Freundeskreis angeworben.

Auch die Mitarbeit der Universitäten in München und Heidelberg ist hier besonders erfreulich. Austauschstudenten wurden hier mit der Übersetzung von Texten beauftragt. So bringt das Lernziel der perfekten Übersetzung auch noch geschichtliche Blüten hervor und die Texte haben ewigen Bestand und Verwendung.

Es wird sicher noch einige Zeit dauern bis alle 100 Kapitel übersetzt sind. Der Fortgang kann aktuell festgestellt werden. Berichte die fertig übersetzt sind, sind auf der englischen Auswahlseite mit einer englischen Flagge, dem Union-Jack gekennzeichnet. Texte welche in Bearbeitung sind, sind mit einem Baustellensymbol gekennzeichnet. Und alle anderen Texte ohne Symbol warten noch auf ihren Übersetzter.

Über den Button rechts oben mit der Bezeichnung "Organisation" kann eine Excel-Liste aufgerufen werden. Hier sind alle Details zur Übersetzung vermerkt. Gelb hinterlegte Überschriften deuten auf Texte in Bearbeitung hin mit den in der Spalte daneben benannten Übersetzern. Blau hinterlegte Texte sagen, dass der Bericht fertig übersetzt ist jedoch vom Lektor noch bearbeitet wird. Grün hinterlegte Überschriften markieren fertig übersetzte englische Texte.

Den Übersetztern und Lektoren gebührt sehr hoher Dank und Anerkennung für ihre Arbeit.

 

Michael Schick

 

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